von Ricardo Peyerl

Als das revitalisierte Biedermeierhaus in Wien-Neubau mit einem ganz neu entwickelten Verfahren für den Dachausbau den Stadterneuerungspreis 2003 bekam, begann das Flachdach gerade an mehreren Stellen einzusinken. Bald darauf ließ die Baupolizei wegen mangelnder Tragfähigkeit des Daches die Terrassen sperren. 

Man öffnete das Dach und stellte fest: Es ist nicht drinnen, was drauf steht.

Geplant, eingereicht und bewilligt worden war eine Stahlbetondecke. Tatsächlich errichtet wurde jedoch eine Holzkonstruktion mit Fertigteilen.

"Wenn man es hart formuliert, dann ist der Bauakt gefälscht", sagt der Wiener Richter S.

Er sagt das ohne Talar, S. ist nämlich persönlich Betroffener. Er ist, neben einer Ärztin und einem Manager, einer der Käufer der Dachterrassenwohnungen in dem preisgekrönten Biedermeierhaus, in dem man seit Herbst 2003 die Terrassen nicht mehr betreten darf.

"Welchen Fehler habe ich als Jurist gemacht?", fragt sich S. "Hätte ich vor dem Kauf das Dach aufbohren lassen und hineinschauen müssen?" Von außen sah es ganz passabel aus.

Der Richter, die Ärztin, der Manager haben im März 2001 vom Bauträger Lenikus (für rund je 3,7 Millionen Schilling) einen so genannten Edelrohbau gekauft. Den Innenausbau übernahmen sie selbst. Vertraglich festgelegt war auch, dass sie eine Dampfsperre oder Dampfbremse einbauen lassen.

Als es so weit war, überreichten Lenikus-Mitarbeiter laut S. jedoch Querschnitt-Pläne, in denen Dampfbremsen eingezeichnet waren. Dazu soll versichert worden sein, dass diese bereits im Dach enthalten seien.

Jetzt sagt Lenikus: Die Eigentümer haben mit den Wohnungen nur die fertige Dachaußenhaut gekauft, für Innen waren sie selbst zuständig. Ihr eigener Wasserdampf sei mangels Dampfbremse ins Dach gelangt, Kondenswasser habe sich gebildet und alles durchfeuchtet, deshalb die Schäden.

UNBRAUCHBAR

Gerichtlich beeidete Sachverständige bezeichnen nach der Befundaufnahme jedoch die gesamte Flachdachkonstruktion samt ihren zu dünnen Platten als "unbrauchbar" und stellen fest, dass "der vorgefundene Schaden nicht durch den Innenausbau entstanden ist."

Seit Jänner 2003 kämpfen S. und die anderen, Rechtsanwalt Friedrich Petri zur Seite, um eine Sanierung. Bis jetzt ist nur die Beweissicherung erfolgt.

"Man sieht, wie schwer der Zugang zu Gericht ist", sagt der Richter S. "Und wie viel das alles kostet."

Inzwischen frisst sich der Schaden weiter. Die Bewohner sind in Sorge, dass demnächst das Wasser von der Decke tropfen könnte.

Quelle: KURIER 24.2.2004 Seite 8