Umbauten im Haus, über die Wohnungsbesitzer nicht informiert wurden, sollten nicht stillschweigend akzeptiert werden

Der Mehrheitseigentümer in einem Wohnungseigentumshaus will das Dach umbauen. Da er nach neuester Rechtslage für die Baubewilligung nicht mehr die Unterschrift aller Miteigentümer benötigt, sondern lediglich eine Bestätigung des Bezirksgerichts über die Beschlussfassung, geht er diesen Weg. Da beim Bezirksgericht keinerlei Einwände vorliegen, bekommt er die Baubewilligung. 

Die Folge ist, dass die Miteigentümer in diesem Haus erst von einem angeblich in ihrem Namen beschlossenen Dachumbau erfahren - den sie auch mitzahlen - , als die Arbeiten bereits im Gange sind. "Eine Bekämpfung des Beschlusses konnte mangels Kenntnis gar nicht erfolgen", kritisiert der Wiener Rechtsanwalt Friedrich Petri. "In meiner Kanzlei sind Fälle bekannt, in welchen vom Bezirksgericht - offenbar ohne sonderliche Erhebung - die Nichtanfechtung eines Beschlusses bestätigt wurde, von dessen Existenz einzelne Miteigentümer nie Kenntnis erhielten", erzählt Petri.

Schuld an der Situation ist eine neue Rechtssprechung (OLG Wien 6.9.1999, 11R 42y), die zum Zweck der Erleichterung von Arbeiten im Haus entstanden ist. Wie die Praxis gezeigt hat, erfahren Eigentümer dadurch aber nicht von Umbauten, geschweige denn, dass sie Möglichkeit zum Einspruch haben.

Laut Petri wäre es erforderlich, dass die Bezirksgerichte alle Voraussetzungen der Beschlussfassung und die Verständigung der Miteigentümer auch tatsächlich prüfen würden. "Und zwar falls nötig durch Ladung und Vernehmung sämtlicher Miteigentümer." Denn wie das Beispiel zeigt, kommen an manchen Gerichten rechtswirksame Baubewilligungen zu Stande, die gravierend die Rechte der Wohnungseigentümer beschneiden.

Dabei seien die Bezirksgerichte mit der Neuregelung neben der formalen (ob der Beschluss ordnungsgemäß zustande gekommen ist) zu einer inhaltlichen Prüfung verpflichtet. Dabei können Minderheitseigentümer seit 1.1.1999 Maßnahmen des Mehrheitseigentümers vom Gericht auch inhaltlich prüfen lassen. Diese neue Schiedsrichterfunktion des Bezirksgerichts gilt freilich nicht für alle Arbeiten im Haus, sondern nur für Maßnahmen, von denen sich die Minderheit von einem Mehrheitseigentümer "zu ihrem unverhältnismäßigem Nachteil" behandelt fühlt. Petri: "Das ist zum Beispiel die Verhinderung der notwendigen Dachsanierung durch den Mehrheitseigentümer."

Sanierungsarbeiten im Haus sollten keinesfalls (nach dem Motto "ich weiß von nichts, also kann es mich auch nichts kosten") ignoriert werden, rät der Anwalt. "Wenn ein Wohnungseigentümer Baumaßnahmen im Haus bemerkt, über die er nicht informiert wurde, sollte er ehestmöglich bei der Baubehörde nachfragen, ob eine Baubewilligung vorliegt."

Damit es erst gar nicht zu solchen Situationen kommt, hilft die gesunde Neugierde: "Grundsätzlich sollten sich Wohnungseigentümer um Vorgänge im Haus kümmern und Schreiben der Hausverwaltung nicht ungeöffnet lassen."

Quelle: KURIER | 11.12.1999 Seite 33