Hinter genügend fahrbereit steckt mehr als vermutet

Was kann man von einem neun Jahre alten Gebrauchtwagen mit 150.000 Kilometer auf dem Buckel, den der Händler mit „genügend fahrbereit“ bewertet, schon groß erwarten?
 
Dass er zumindest eine Reise nach Deutschland übersteht.
 
Das von Anwalt Gerhard Deinhofer erkämpfte Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien ist rechtskräftig, und es ist beruhigend für alle Gebrauchtwagenkäufer. Für einen Mangel, steht da, der bereits bei Abschluss des Kaufvertrages (versteckt) vorhanden ist, muss der Händler nach seiner Gewährleistungspflicht die Haftung übernehmen.
 
Auch bei Fahrzeugen in der Gruppe 3, „genügend fahrbereit“, die auf Grund der ÖNORM für die Einstufung des Zustandes nach „besonders gut“ und „gut“ und vor „defekt“ rangiert.
 
Der Wiener hatte den VW Passat, Baujahr 1993, für 4200 Euro gekauft und eine Überprüfung auf seine Verkehrssicherheit durchführen lassen. Ein vollständiges Service wurde nicht gemacht.
 
Wenige Wochen nach dem Kauf fuhr der Mann mit dem Wagen nach Deutschland. Auf der Autobahn riss der Zahnriemen, ein besonders heikler Bauteil, was zu einem kapitalen Motorschaden führte. Da der Lenker den Händler in Wien telefonisch nicht erreichen konnte, ließ er den Passat vom ADAC abschleppen.
Der Gebrauchtwagenverkäufer zeigte sich großzügig, ließ freiwillig einen neuen Motor einbauen und stellte dem Käufer für die Zeit der Reparatur einen Leihwagen zur
 
Verfügung. Die Abschleppkosten von 1200 Euro wollte er aber nicht auch noch übernehmen.
 
KLASSISCH Das Gericht verurteilte ihn jedoch dazu. Die Auslagen des Käufers für den Rücktransport des Wagens wurden als „klassischer Mangelfolgeschaden“ qualifiziert.
Dass der Zahnriemenriss und damit der Motorschaden zu Lasten des Händlers geht, war keine große Frage. So ein Zahnriemen muss bei dieser Fahrzeugtype alle 30.000 km optisch kontrolliert und spätestens nach 120.000 km erneuert werden. Der gegenständliche war noch das Original, bereits sehr verschlissen und bei 150.000 km eben am Ende.
 
Ein Mangel, den der Händler hätte beheben oder worauf er zumindest hätte aufmerksam machen müssen. 

Quelle: KURIER / 09.01.2004 / Seite 11 / von Ricardo PEYERL